"Artige Kunst"

Kunst und Politik im Nationalsozialismus

Verlängert bis zum 17. April 2017

Das Ausstellungsprojekt setzt sich in kritisch-analytischer Weise mit der Kunstpolitik im Nationalsozialismus auseinander, die für das Selbstbild des Regimes wesentlich war. Der Titel „Artige Kunst“ versteht sich als Gegenbegriff zur diffamierenden NS-Terminologie der „entarteten Kunst“. Gezeigt werden exemplarische Werke der offiziell geduldeten und geförderten Kunst der NS-Zeit, dazu in prägnanter Gegenüberstellung Werke von verfolgten und verfemten Künstlern, die ein differenziertes Gegenbild zur überwiegenden Einfältigkeit der systemkonformen Kunst entwerfen.

Die Ausstellung basiert auf der Überzeugung, dass Museen und öffentliche Ausstellungsinstitutionen nicht zwangsläufig Orte sind, die ihre jeweiligen Exponate aufwerten. Vielmehr kann und soll ein Museum – insbesondere eine universitätsassoziierte Institution wie Situation Kunst – als Ort der kulturellen und gesellschaftspolitischen Bildung auch kritische Diskurse befördern und augenöffnend aufklärerisch wirken.
So kann die Ausstellung zeigen, dass größten Teilen der hier versammelten „artigen“ Kunst ein kritisch hinterfragendes Potenzial ebenso fehlt wie ein humanistischer Anspruch. In mehr oder weniger ungeschickter Stilverspätung werden z. B. ländlich-familiäre Idyllen heraufbeschworen, Sportler bei der körperlichen Ertüchtigung gezeigt, Bauprojekte des sog. „Tausendjährigen Reichs“ illustriert oder mythologisch inspirierte Szenen ins Bild gesetzt.

Macht man sich bewusst, dass diese Werke entstanden, während gleichzeitig die brutale Ausgrenzung und Verfolgung ganzer Bevölkerungsgruppen stattfand, während der Zweite Weltkrieg vorbereitet wurde bzw. schon ausgelöst war und während Millionen Menschen in Konzentrationslagern gefoltert und ermordet wurden, dann wird die „innere Falschheit“ (so Max Imdahl) dieser Kunst offensichtlich. Gerade in dieser Falschheit bzw. Verlogenheit liegt eine wesentliche politische Bestimmung der „artigen“ Kunst: Indem sie weite Bereiche der gesellschaftlichen Realität ausblendete oder beschönigte, konnte sie systemstabilisierend wirken und in Zeiten von Krieg, Terror und Massenmord die erwünschte Entlastungsfunktion einnehmen.

Es erscheint ein Begleitbuch, Kerber Verlag, 240 Seiten, Softcover, 112 Abbildungen, mit Textbeiträgen von Karen van den Berg, Alexander von Berswordt-Wallrabe, Silke von Berswordt-Wallrabe, Christian Fuhrmeister, Max Imdahl, Stephanie Marchal / Andreas Zeising und Annika Wienert, erhältlich im Museum unter Tage, Situation Kunst.

Die Ausstellung umfasst u.a. Werke von Josef Albers, Willi Baumeister, Claus Bergen, Max Beckmann, Arno Breker, Otto Dix, Otto Freundlich, George Grosz, Erich Heckel, Paul Junghanns, Paul Klee, Marg Moll, Karel Niestrath, Felix Nussbaum, Franz Radziwill, Ivo Saliger, Hans Schmitz-Wiedenbrück, Karl Schmidt-Rottluff, Karl Schwesig, Kurt Schwitters, Max Slevogt, Marianne Werefkin und anderen mehr.

Leihgeber

Deutsches Historisches Museum, Berlin; Museum für Vor- und Frühgeschichte, Berlin; Nationalgalerie Berlin; Bettina und Peter Eickhoff, Bochum; Staatliche Kunstsammlungen Dresden; Atelier Breker, Düsseldorf; Museum Kunstpalast, Düsseldorf; Stadtmuseum Düsseldorf; LWL Museum für Kunst und Kultur, Münster; German Art Gallery, The Netherlands; Felix-Nussbaum-Haus, Osnabrück; Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg, Archiv Baumeister im Kunstmuseum Stuttgart; Museum Wiesbaden; Von der Heydt-Museum, Wuppertal sowie weitere Leihgeber, die ungenannt bleiben möchten.

Weitere Stationen der Ausstellung

Kunsthalle Rostock: 27. April – 18. Juni 2017
Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg: 14. Juli – 29. Oktober 2017

Begleitprogramm zur Ausstellung

Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft von Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert.

Ausgewählte Presseberichte

 

"Dunkle Idyllen"

 Hanno Rauterberg für Die Zeit am 27. November 2016

 

"So artig, dass es kracht"

Kerstin Stremmel für die Neue Zürcher Zeitung am 9. Februar 2017

 

De werkelijkheid in de ogen kijken
Miriam Windhausen für Museumstijdschrift am 3. Februar 2017

 

"Wat vond Hitler vel mooi?"
Joke de Wolf für Trouw (Niederlande) vom 17. Januar 2017

"Wer hat Angst vor Blut und Boden?"
Michael Kohler für die Frankfurter Rundschau am 13. Januar 2017

"Bilder als Teil der Propaganda"
Tagesschaubericht vom 8. Januar 2017

"Position und Pose"
Nicola Kuhn für den Tagesspiegel am 7. November 2016

"Das schleichende Gift verstehen"
Michael Kohler für das Art Magazin am 14. Dezember 2016

"Bochum stellt Nazi-Kunst aus"
Bertram Müller für die Rheinische Post am 8. November 2016

 "Idylle des Grauens"
Christiane Hoffmans für die Welt Am Sonntag am 6. November 2016
 

"Was dem Führer gefiel"
Max Florian Kühlem für die TAZ. Die Tageszeitung am 5. November 2016

 

"Im Dienst der Diktatur"

Jürgen Boebers-Süßmann für die WAZ am 4. November 2016

 
"Warum Hitler solche Bilder schätzte"
Marc Oliver Hänig für BILD am 2. November 2016

"Hoffentlich erleuchten diese Kunstwerke auch unseren Weg in die Zukunft"
Azeddin Darmach für Neu In Deutschland am 24. Februar 2017

"Ein starkes Zeichen des Respekts"
Lamia Hassow für Neu In Deutschland am 24. Februar 2017

Artige Kunst. Kunst und Politik im Nationalsozialismus
Rezension des Ausstellungskatalogs im Journal für Kunstgeschichte 22, 2018, Heft 2 von Laurens van Roijen

 

 

Förderer

Die Bochumer Station der Ausstellung wird unterstützt durch

Beate und Thomas Bodemann, Berlin

SRT Saar-Rhein Transportgesellschaft, Duisburg

Förderverein Situation Kunst – Haus Weitmar e.V., Bochum