Gelände

Situation Kunst wurde als museales Ensemble aus Architektur, Natur und Kunst konzipiert und grenzt an das Parkgelände von Haus Weitmar. Die Anlage fügt sich in den natürlichen, landschaftlichen und historischen Kontext ihrer Umgebung, behauptet sich aber zugleich im Kontrast zu dieser Umgebung als eigener Ort.

Der umgebende Park zeichnet sich besonders durch seinen sehr alten und besonderen Baumbestand aus: Blutbuchen, verschiedene Eichenarten, Eiben, Maronen, Mammutbäume u. a., teils weit über 400 Jahre alt, finden sich in einigen Fällen auch in jüngerer Gestalt auf dem Gelände der „Situation Kunst“ wieder.

Das 1592 als Herrenhaus erbaute Haus Weitmar zeigt noch als Ruine Merkmale westfälischer Renaissancearchitektur. Am 13. Mai 1943 wurde es durch einen Luftangriff zerstört. Seit 2010 ist das Erweiterungsgebäude KUBUS in die Ruine integriert, das u.a. Raum für Wechselausstellungen sowie wissenschaftliche und kulturelle Veranstaltungen bietet.

 

In unmittelbarer Nachbarschaft dazu befindet sich die Ruine der spätromanischen bis frühgotischen Sylvesterkapelle, die erstmals 1397 in einer Urkunde erwähnt wurde. Nachdem sie im 19. Jh. durch eine neue Dorfkirche ersetzt wurde, verlor sie ihre Funktion und verfiel. 

Die Struktur der ersten Projektstufe der Museums-Anlage ist sofort einsehbar: Vier freistehende Baukörper sind planvoll um ein in die dunkel geschotterte Ebene eingelassenes Wasserbecken angeordnet. Das Gelände von „Situation Kunst“ erschließt sich sowohl topographisch als auch inhaltlich auf zwei Ebenen. Dem Aufbau der unteren Ebene mit den vier Baukörpern liegt ein Modulsystem von 3 x 3 Metern zugrunde. Dieses wird im Wasserbecken mit seinen 3 Metern Kantenlänge als Zentrifugalpunkt zusammengefasst. Die Abstände der einzelnen Baukörper zueinander und zu diesem Sammelpunkt sind jeweils durch 3 Meter teilbar. Das Wasserbecken ist jedoch nicht der geometrische Mittelpunkt der unteren Ebene, sondern ein dezentraler Konzentrationspunkt.

Die seitlich gelegenen Zugänge zu den Gebäuden und der Verzicht auf Wege und Beschilderung unterstützen den unhierarchischen Charakter der landschaftlichen und architektonischen Gesamtkonzeption.

Auch die Gestaltung der oberen Ebene mit dem 2006 eröffneten Erweiterungsgebäude folgt dem Modulsystem. Zwei Sommer- und zwei Winterlinden (Tilia platyphyllos und Tilia cordata) sind in einem Radius von 18 Metern um ein zentrales, vor dem Gebäude liegendes Lichtfeld gepflanzt, das als 3 x 3 Meter großes Quadrat ein Pendant zu dem schwarzen Wasserbecken bildet. Die vier Bäume sind so positioniert, dass sie bei einem Übereinanderlegen der oberen und unteren Ebene jeweils die Grundmauern eines Baukörpers treffen würden. 

 

Den Pavillons der unteren Ebene wurden jeweils individuell ausgewählte „Hausbäume“ zugeordnet. Die Solitärbäume, 1987/88 gepflanzt, entfalten nun nach über dreißig Jahren des Wachstums die Kraft, die Fläche zu halten und den ihnen zugedachten „Gegenpart“ zu den Baukörpern erfüllen.

Zuordnung der Hausbäume:

Gebäude mit den Werkensembles: Ginkgo (Ginkgo biloba)

Nordman-Gebäude:
Immergrüne Eiche (Quercus turneri)

Rabinowitch-Gebäude:
Hängebuche (Fagus silvatica pendula)

Serra-Gebäude:
Amerikanischer Tulpenbaum (Liriodendron tulipifera)
 

Im April 2012 wurde das Gelände von Situation Kunst um ein neues und zugleich altbekanntes skulpturales Artefakt bereichert: Unter enormem technischen und logistischen Aufwand wurde der Bronzeguss des Astes einer seltenen Baumart, der Süntelbuche, aufgestellt.

Dem Zweig, der seit der Eröffnung des Erweiterungsbaus 2006 in einem der beiden neben dem Gebäude liegenden Außenhöfe installiert war, wurde zuletzt von der Witterung immer mehr zugesetzt. Das „Naturdenkmal“ mit seinen komplexen Verzweigungen wurde von der Gießerei Noack in Berlin gegossen - dem vergänglichen, natürlichen Material Holz wird so Dauer verliehen.

 

Die etwa 300-400 Jahre alte Süntelbuche, von der dieser Ast ursprünglich stammt, stand bis zu ihrer mutwilligen Zerstörung im Jahr 2000 durch Brandstifter in dem an Situation Kunst angrenzenden Park von Haus Weitmar. Internationale Baumfachleute hatten dem Giganten (ca. 35 m Höhe und Kronenumfang) eine Lebensdauer von weiteren 300-400 Jahren in Aussicht gestellt. Der gegossene bronzene Ast ist vom Original kaum zu unterscheiden, denn die Struktur der Oberfläche ist genauso fein und detailreich wie die des ursprünglichen Holzes.

 

Architektur

In Situation Kunst stellt sich die Architektur konsequent in der Dienst der optimalen Präsentation der Kunstwerke; entsprechend puristisch und funktional wurden die Gebäude geplant und realisiert.

Drei der vier Gebäude der ersten Baustufe (1988-1990) entstanden jeweils für ein Werk und bilden mit diesem eine untrennbare Einheit. Es handelt sich um die Environments der Künstler Maria Nordman, David Rabinowitch und Richard Serra. Die Werke gaben die Bedingungen vor, nach denen die Architektur sich gestaltete. Ein weiteres Gebäude umfasst je einen Raum mit Werkensembles der europäischen Künstler Gotthard Graubner, Norbert Kricke, Arnulf Rainer und Jan J. Schoonhoven.
Die Gebäude der ersten Baustufe wurden von dem Bochumer Architekten Peter Forth geplant, der während der Realisation des Projektes „Situation Kunst" im Frühjahr 1987 verstarb. Der Nachlass von Peter Forth befindet sich heute im Stadtarchiv Bochum.

Im September 2006 wurde durch die Eröffnung des Erweiterungsgebäudes die Gesamtausstellungsfläche nahezu verdoppelt. Für die Realisation dieses Gebäudes zeichnen die Soan Architekten Gido Hülsmann und Dirk Boländer aus Bochum bzw. Warburg verantwortlich.

In diesem Gebäude befinden sich Arbeiten von Ad Reinhardt, Robert Ryman, Jan J. Schoonhoven, Grace Y. T. Tong, Richard Serra, Lee Ufan, François Morellet und Gianni Colombo sowie alte Kunst aus Asien und Afrika.

Der KUBUS wurde nach den Plänen der Architekten Pfeiffer, Ellermann und Preckel aus Münster in der Ruine von Haus Weitmar errichtet und im Mai 2010 eröffnet.

Das Museum unter Tage, kurz MuT, die letzte Erweiterung des Ensembles, wurde schließlich im November 2015 eröffnet.