MAX IMDAHL - BIOGRAFIE

Max Imdahl war von 1965 bis zu seinem frühen Tod 1988 Ordinarius für Kunstgeschichte an der Ruhr-Universität Bochum und zählt zu den Wegbereitern einer Kunstgeschichte der Moderne.

1925 in Aachen geboren wuchs Max Imdahl in einem musischen Elternhaus auf und nahm intensiv am zeitgenössischen Musikleben seiner Stadt teil. Max Imdahls musikalische Erfahrungen waren entscheidend und prägend für sein späteres Werkverständnis der bildenden Kunst. „Was ein Werk ist und wie man es entfalten kann, das habe ich - wiewohl damals kaum bewusst – an der Musik erlebt. Dieses Erlebnis stimuliert bis heute.“ („Autobiographie“, in „Gesammelte Schriften“, Band 3, S. 622).

Imdahl studierte ab 1945 sowohl Malerei als auch Kunstgeschichte, Archäologie und Germanistik an der Universität Münster. Für sein Bild „Schmerzensmann“ wurde er 1950 mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Blevin-Davis Preis. Sein künstlerischer Erfolg ließ jedoch einen immer größer werdenden Erfolgszwang entstehen und leitete damit ein Ende seiner Malerei ein. In Folge dessen verlagerte sich seine Konzentration auf das Studium der Kunstgeschichte. Das Malen führte er bis an sein Lebensende ausschließlich in privatem Rahmen fort.

1949 hielt er sich längere Zeit zu Studienzwecken in der Schweiz auf, wo er erstmals eine Überfülle moderner Bilder in öffentlichen und privaten Sammlungen sehen konnte. Durch die verliehenen Preise wurden ihm zudem längere Studienreisen nach Frankreich und Italien möglich.

1951 promovierte er bei Werner Hager über „Farbenprobleme spätkarolingischer Buchmalerei“ und erhielt nach dem Abschluss seiner Studien eine Tutorenstelle am Aaseehaus-Kolleg. Zu seinen dortigen Aufgaben gehörten vor allem die Durchführung von Diskussionsabenden über moderne Kunst. In der Folge wurde Max Imdahl Assistent bei Hager, und legte 1961 seine Habilitationsschrift „Studien zu ottonischen Ereignisbildern“ vor. Er war dann als Gastprofessor an der Universität Hamburg tätig.

1965 wurde er zum Gründungsordinarius des Kunstgeschichtlichen Institutes der 1964 neu entstandenen Ruhr-Universität Bochum berufen. Bis zu seinem Tod lehrte er dort als leidenschaftlicher Kunsthistoriker und herausragende Persönlichkeit.

Für die Documenta 1968 wirkte Max Imdahl im Documenta-Rat mit. Zusammen mit Arnold Rüdlinger, Albert Schulze Vellinghausen, Eugen Gomringer, Jean Leering, zeitweise auch Werner Schmalenbach und Fritz Winter war er zuständig für die Malerei.

Teil seiner Tätigkeit als Ordinarius an der Ruhr-Universität in Bochum wurde der Aufbau und die Entwicklung der Kunstsammlung. Ausgehend von der Schenkung der Sammlung moderner Kunst Schulze Vellinghausens wurde 1968 der Grundstock der Kunstsammlungen gelegt. Mit der Eröffnung am Forumsplatz der Ruhr-Universität im Januar 1975 wurde erstmals in Deutschland ein Campus-Eigenes Museum verwirklicht. Dieses basiert auf drei Sammlungsschwerpunkten: Antike Kunst, Münzsammlung und Moderne Kunst. Schon ein Jahr nach der Eröffnung ermöglichte eine Spende Dr. Paul Dierichs den Erwerb von Antiken und modernen Plastiken. Die Konfrontation von Antiker und Moderner Kunst wurde zum Konzept der Sammlung. Durch jährliche Ankäufe konnte Max Imdahl sie immer weiter ausbauen und machte sie in ihrer unmittelbaren Anschaulichkeit und Erfahrbarkeit zu einer unersetzbaren Bereicherung des kunsthistorischen Studiums.

Als unverzichtbar und bedeutsam beschreibt Imdahl das intensiv und wiederholt geführte Gespräch mit Künstlern. Zu aller erst mit Ernst Wilhelm Nay und später dann vor allem mit Günter Fruhtrunk, Gotthard Graubner, Norbert Kricke, Adolf Luther, François Morellet, Richard Serra und Günther Uecker.

Ein weiteres Anliegen war ihm die Befreiung der Modernen Kunst aus einer rein fachtheoretischen Diskussion und ihre verständliche Vermittlung an ein „fachfremdes“ breit gefächertes Publikum. Über viele Jahre führte Imdahl zahlreiche Seminare mit den Vertrauensleuten des Bayerwerkes Leverkusen durch. Einige der Mitschnitte dieser Seminare wurden in dem Buch „Arbeiter diskutieren Moderne Kunst“ 1979 veröffentlicht.

Für Max Imdahl war Kunstgeschichte mehr als eine rein theoretisch begründete Wissenschaft. Er begriff sie als eine Wissenschaft der unmittelbaren Anschauung, der Erfahrung von Kunst. „Immer habe ich versucht, von der Anschauung auszugehen und mögliche Reflexionen an die Anschauung zu knüpfen.“ („Autobiographie“, in „Gesammelte Schriften“, Band 3, S. 624).

Als Kunstwissenschaftler behandelte er auch die ältere Kunst immer als gegenwärtige, und uns angehende Kunst. Gleichsam versucht er nicht die moderne Kunst als Entwicklung und Konsequenz der älteren zu erklären. Seine Erläuterungen versteht er als zeitgebundene, aus der Gegenwart entstehende. Und seine eigentliche Aufgabe als Kunsthistoriker sieht er darin die Präsenz der Werke herzustellen, sie zu vergegenwärtigen und in dieser Vergegenwärtigung eine besondere Anschauung und Betroffenheit in dem Betrachter auszulösen. Er versteht Kunst nicht nur aus ihrer jeweils thematischen Bedeutung, sondern setzt sie in Verbindung mit der Existenz des Betrachters. Die in der Kunst erfahrbaren Strukturen werden somit zu Erfahrungen von Existenzstrukturen, die in der Erläuterung aufgedeckt und vergegenwärtigt werden.

Vor diesem Hintergrund entwickelte Imdahl die Methode der „Ikonik“. Sie entstand aus der neuen Kunst heraus und in Auseinandersetzung und Abgrenzung mit den Methoden der Ikonographie, Ikonologie und Strukturanalyse, die an der älteren Kunst entwickelt wurden. Der Anspruch der Ikonik besteht darin, den allein der Kunst eigenen Qualitäten Ausdruck zu verleihen. Einer ikonischen Betrachtung erschließt sich der ästhetische Gehalt in einer Anschauung des einzelnen Kunstwerkes. Damit eröffneten sich der Kunstgeschichte sowohl Zugänge zur Gegenwartskunst wie auch neue Einsichten in das Verständnis der älteren Kunst.