Begleitprogramm zur Ausstellung „fremdes sehen“

 

Das Begleitprogramm zur Ausstellung „fremdes sehen“ beleuchtet die Werke von Ingeborg Lüscher und Monika Huber aus verschiedenen Perspektiven. An mehreren Terminen ermöglichen interdisziplinär ausgerichtete Ausstellungsrundgänge und Werkgespräche Annäherungen an die Werke, die über einen rein kunstwissenschaftlichen Rahmen hinausweisen. So sollen neue Blickfelder eröffnet werden und zu einem fruchtbaren Gespräch vor und über Kunst anregen.

 

Sonntag, 14. April, 16 Uhr: Unsolved Bloodlines: Vergebung, Liebe, Schuld

Mit Blick auf die ausgestellten Werke führen die Philosophen Antje Kapust und Bernhard Waldenfels ein Gespräch über zentrale existenzielle, politische und metaphysische Probleme, die mit den Erfahrungen von Gewalt, revolutionären Umbrüchen, Protestformen und der Suche nach menschlichen Gemeinsamkeiten und Lebensformen einhergehen. Diese Motive werden in den Werken Monika Hubers und Ingeborg Lüschers unterschiedlich angegangen. Monika Huber hat in ihrer Serie „Einsdreißig“ Nachrichtenbilder gewaltsamer Konflikte vom Fernseh-Bildschirm abfotografiert und anschließend malerisch überarbeitet. Ingeborg Lüschers Videoinstallation „Die andere Seite“ zeigt in Großaufnahme Gesichter von Menschen aus Israel und den Palästinensergebieten, die die Mauern feindlicher Gewalt im menschlichen Zugang zum Anderen zu durchbrechen versuchen. In allen Bildern schimmern die großen existentiellen Antriebskräfte des Menschlichen hinter den Schemen und Relikten von Gewalt hervor. Es geht darum, die Schreckensbilder mit anderen „Bildern“ außer Kraft zu setzen. Welche Bilder dies wären und wie sie ihre „Bildarbeit“ verrichten, soll philosophisches Thema des Werkgesprächs sein.

 

Prof. Dr. Antje Kapust

Antje Kapust ist Professorin für Praktische Philsophie an der RUB und Professorin für „Bildtheorie/Bildforschung“ und „Philosophie der Kunst“ an der Ruhrakademie. An ein Studium der Germanistik, Linguistik und Politischen Wissenschaft (MA) schloss sie ein Studium der Philosophie, Romanistik und Komparatistik in Bochum an (MA), auf das 1995 die Promotion in Philosophie und 2002 die Habilitation folgte. Es folgten verschiedene Aufenthalte als Gastprofessorin an nationalen und internationalen Universitäten, u.a. in Nashville/USA, Philadelphia/USA, Heidelberg und Wien sowie Fellowships und Forschungsaufenthalte in Hannover, Paderborn und Mainz. Sie ist Herausgeberin und Verfasserin zahlreicher Publikationen, zuletzt des „Wörterbuchs der Würde“ (zus. mit Rolf Gröschner und Oliver W. Lembcke). Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der Ethik, Kunst- und Bildtheorie, Politischen Philosophie und Sozialphilosophie. In der Situation Kunst hat sie mehrfach Tagungen unter internationaler Beteiligung durchgeführt.

 

Prof. Dr. Dr. h. c. Bernhard Waldenfels

Bernhard Waldenfels studierte Philosophie, Psychologie, klassische Philologie und Geschichte und promovierte 1959 in München. Es folgte 1960–1962 ein Studienaufenthalt in Paris. Waldenfels trug maßgeblich zu einer Re-Etablierung der Phänomenologie in Deutschland bei, nachdem diese in Folge des zweiten Weltkriegs in Vergessenheit zu geraten drohte. Seit 1976 war er als Professor für Philosophie an der Ruhr-Universität Bochum tätig und hatte weltweit an Universitäten Gastprofessuren inne, u.a. in Honkong, New York, Prag, Rom und Wien. In Bochum leitete er sechs Jahre lang in Kooperation mit Wuppertal ein Graduiertenkolleg. Seit 1999 ist Bernhard Waldenfels emeritiert. Zahlreiche Buchveröffentlichungen im Suhrkamp-Verlag, u.a. „Antwortregister“ (1994), „Bruchlinien der Erfahrung“ (2002), „Sinne und Künste im Wechselspiel“ (2010) und Hyperphänomene (2012).

 

Samstag, 23. März, 16 Uhr

Prof. Dr. Oliver Fahle und der Diplom-Kulturwissenschaftler Martin Schlesinger vom Institut für Medienwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum erörtern im Rahmen eines Ausstellungsrundgangs die komplexen medialen Ebenen, die für die Werke beider Künstlerinnen konstituierend sind.

Während Monika Huber aktuelle Krisen und Konflikte und deren mediale Aufbereitung in den Blickpunkt rückt und die Frage nach Authentizität und Aussagekraft der massenmedial vermittelten Bilder selbst aus multi- bzw. intermedialer Perspektive stellt, fungieren die in Ingeborg Lüschers Dreikanal-Videoinstallation tonlos und überdimensional projizierten Gesichter von Menschen aus Israel und den Palästinensergebieten selbst als eine Art individuelle Medien, an denen sich allgemeinmenschliche Erfahrungen wie Unsicherheit, Verlust und/oder Vergebung ablesen lassen.


Prof. Dr. Oliver Fahle

Nach dem Studium der Theater-Film- und Fernsehwissenschaft, Philosophie und Politologie in Bochum und Berlin sowie der Etudes cinématographiques et audiovisuelles in Paris arbeitete Oliver Fahle als Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Assistent an der Bauhaus-Universität Weimar (Promotion zur „Poetik des französischen Films der zwanziger Jahre“). Darauf folgten eine Juniorprofessur für Geschichte und Theorie der Bildmedien an der Bauhaus-Universität Weimar (2002–2009) und Stationen in Jena und Belo Horizonte, Brasilien. Seit 2009 hat er die Professur für Filmwissenschaft am Institut für Medienwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum inne.


Martin Schlesinger

Zwischen 2002 und 2008 studierte Martin Schlesinger Medienkultur an der Bauhaus-Universität Weimar. 2005-2006 folgten ein Auslandsstudium an der Universidade Federal de Minas Gerais, Belo Horizonte, sowie 2007 ein Praktikum am Acervo Tempo Glauber in Rio de Janeiro, Brasilien. In seiner Diplomarbeit beschäftigte er sich mit Raumkonzepten im neuen brasilianischen Film. Seit 2009 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur „Filmwissenschaft mit dem Schwerpunkt Filmtheorie und Filmästhetik“ (Prof. Dr. Oliver Fahle) am Institut für Medienwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum und arbeitet an einer Dissertation über den brasilianischen Film der Gegenwart mit dem Titel „Bilder der Enge“.