Erich Reusch Grenzenlos. Werke 1951-2019

Erich Reusch: grenzenlos. Werke 1951-2019
Bilder • Fotobilder • Objekte • Skulpturen • Zeichnungen

6. Mai 2020 - 25. Oktober 2020

Eine Ausstellung der Stiftung Situation Kunst im Museum unter Tage

Erich Reusch wäre in diesem Jahr 95 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass und im Rückblick auf eine langjährige Verbundenheit und Wertschätzung plante die Stiftung Situation Kunst gemeinsam mit ihm eine Ausstellung, die den Bogen von frühesten Reliefs bis hin zu seinen neuesten, überwiegend explosiv farbigen Bildern spannen sollte. Nachdem Erich Reusch die Konzeption der Ausstellung mit der ihm eigenen Intensität und Gestaltungskraft anfangs rege begleitet hatte, starb er am 29. Dezember 2019 nach längerer Krankheit. Seitdem war und ist es der Stiftung Situation Kunst ein wesentliches Anliegen, die Ausstellung so weit wie möglich in seinem Sinn umzusetzen und damit sein beeindruckendes Werk im Bewusstsein zu halten.

Die Auseinandersetzung mit Raum und Räumlichkeit, deren Implikationen er in oft mehrteiligen Skulpturen, Malerei, Zeichnung, Environments und Klanginstallationen untersucht und neu definiert, ist ein zentrales Thema in den Werken von Erich Reusch.

Seine frühen Reliefs und Objekte – beginnend in den 1950er Jahren – bilden den Auftakt der Ausstellung, die eine überraschend vielfältige und doch stringente Schaffenszeit von beinahe 70 Jahren vor Augen führt. Schon in den frühen Werken zeigt sich die radikale Entschiedenheit, mit der Reusch klassische Bildgrenzen überschreitet: leuchtend rote Eisendrähte, bunte Plexiglasstäbe und haifischflossenartige Stahlfragmente ragen uns Betrachtern mit großer Dringlichkeit entgegen, schneiden, stechen und bohren sich regelrecht in den realen Raum.

 

 

Schon früh verließ Reusch, der sowohl Architektur als auch Bildhauerei studiert hatte, das Atelier und suchte die Auseinandersetzung mit der Alltagwelt. Seine Werke für den öffentlichen Raum sind schwerlich in Kategorien zu fassen: Sie strukturieren den Raum mit plastischen Elementen, mit irritierenden Tonfrequenzen, Laser oder Ultraschall, oder schaffen, wie am Forum der Ruhr-Universität Bochum, eigene mikroklimatische Zonen durch mehr hör- als sichtbare Wasserläufe. Obwohl mit allen Sinnen angesprochen, steht der Mensch hier nicht im Mittelpunkt, sondern findet sich vielfach relativiert und aufgefordert, das Vertraute und die eigene Existenz neu zu denken. Es geht um die Auslotung von Distanzen, um die Sichtbarmachung zwischenräumlicher Bezüge, die künstlerische Überwindung physikalischer Grenzen. Diese häufig ortsbezogenen Werke, die neben den genannten Experimenten u.a. auch Entwürfe für ein Auschwitz-Mahnmal oder für die Neugestaltung des Ehrenmals für den Deutschen Widerstand im Bendlerblock in Berlin umfassen, überschreiten die Möglichkeiten musealer Präsentation. Die Ausstellung deutet diesen wichtigen Bereich von Reuschs Arbeit daher mit Fotodokumenten an, die die Weite seines Schaffens erahnen lassen.

Den meisten wird Erich Reusch durch seine seit den 1970er Jahren aus Plexiglas und Ruß geschaffenen elektrostatischen Objekte bekannt sein, die in der Ausstellung in charakteristischen Varianten vertreten sind. Sie schaffen einen sichtbaren, aber unzugänglichen Raum, sind Objekte an sich und bestimmen in ihrer durchscheinenden Präsenz doch auch das gesamte Umfeld neu. Durch die wechselnde elektrostatische Aufladung befinden sich diese Werke in einem ständigen Prozess der Veränderung, der Ruß an den Innenwänden wird in Bewegung gesetzt und erzeugt immer neue Formationen.


Um die Aktivierung und Dynamisierung von Räumen geht es bei den jüngsten, frei geformten Wandobjekten aus Plexiglas, die sich den Regeln der Geometrie und Schwerkraft zu entheben und durch ihre Bemalung eine Brücke zwischen Plastik und Malerei zu schlagen scheinen. Im letzten Raum der Ausstellung bilden sie in ihrer fulminanten farbenfrohen Vielfalt ein im wahrsten Sinne des Wortes raumgreifendes Finale und sprengen einmal mehr die Grenzen herkömmlicher Präsentations- und Rezeptionsweisen. Diese eigenwilligen Gebilde bekunden, wie auch Reuschs Fotobilder, das fortwährende Suchen nach neuen Ausdrucksformen; ein Suchen, dessen experimenteller Drang vom Früh- bis ins Spätwerk lebendig spürbar bleibt.


Eine ursprünglich für die Synagoge in Stommeln geschaffene Klanginstallation, die Reusch bereits 2012 für eine Ausstellung im Kubus von Situation Kunst per Lautsprecher aus dem Gemäuer der Ruine von Haus Weitmar erschallen ließ, führt die Ausstellung schließlich von den Räumen unter der Erde akustisch weiter, hinein in das angrenzende Parkgelände. Hier schließt sich ein weiterer Kreis, denn die oberirdische Gestaltung des Museum unter Tage geht auf einen 2015 realisierten Entwurf von Erich Reusch zurück.

Die Ausstellung umfasst rund 55 Werke, darunter Leihgaben u.a. von der Adolf-Luther-Stiftung Krefeld, dem Museum DKM Duisburg, den Kunstsammlungen der Ruhr-Universität Bochum. Museum moderner und zeitgenössischer Kunst, der Sammlung Peter Raue sowie aus privaten Sammlungen.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit Beiträgen von Karen van den Berg, Alexander von Berswordt, Norbert Lammert und Maria Spiegel, 146 S., 93 Abbildungen, Museumspreis 28 Euro, Vereinsmitglieder 24 Euro, Studierende der RUB 20 Euro. Bestellungen sind möglich unter info@situation-kunst.de

 

Reprofähige Abbildungen


Ein Projekt der Stiftung Situation Kunst 

Ausgewählte Presseberichte 
 

Bild 25.04.2020

WAZ 02.05.2020

WAZ 06.05.2020

Ruhr Nachrichten 08.05.2020

Westfälischer Anzeiger 09.05.2020

Rheinische Post 15.05.2020
 

Rheinische Post online 14.05.2020

Deutschlandfunk 22.05.2020

taz 29.05.2020

Kunstzeitung Mai/Juni 2020

WAZ 10.06.2020

Frankfurter Allgemeine Zeitung 20.07.2020

trailer August 2020

Allgemeine Zeitung 12.08.2020